3 Deutsche angeklagt: Ventile für Atomanlage in Iran geliefert?

4
Der Schwerwasser-Reaktor bei Arak in Iran, hier eine Aufnahme vom Oktober 2012, diente zur Gewinnung von Atomwaffen-Plutonium (Foto: Wikipedia/Nanking2012-Eigenes Werk)
Der Schwerwasser-Reaktor bei Arak in Iran, hier eine Aufnahme vom Oktober 2012, diente zur Gewinnung von Atomwaffen-Plutonium (Foto: Wikipedia/Nanking2012-Eigenes Werk)

Haben drei deutsche Industrietechnik-Händler aus Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz in den Jahren 2010 und 2011 Spezialventile im Wert von 1 Million Euro für den Schwerwasserreaktor bei Arak im Iran geliefert, der zur Gewinnung von Atomwaffen-Plutionium genutzt wurde? Wie Staatsanwältin Frauke Köhler, Sprecherin des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe, am 4. April 2016 mitteilte, wurde den drei Großhändlern eine Klageschrift zugestellt, in der ihnen ein Verstoß gegen das Iranembargo vorgeworfen wird.

Die Bundesanwaltschaft hat am 15. Februar 2016 vor dem Staatsschutzsenat des Kammergerichts in Berlin Anklage gegen

  • den 70-jährigen deutschen Staatsangehörigen Bernd L. und seinen 29-jährigen Sohn René L. (beide Gesellschafter der inzwischen infolge eines Insolvenzverfahrens aufgelösten BEKASAR Waren-Import-Export GmbH aus dem Passendorfer Weg 1 in Halle in Sachsen-Anhalt)
  • sowie den 49-jährigen deutschen Staatsangehörigen Ralf C. (Angestellter einer Handelsfirma aus Rheinland-Pfalz)

„wegen Verbrechens und Vergehens nach dem Außenwirtschaftsgesetz (§ 18 Abs. 1 und 7 AWG) und versuchter Verbrechen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz (§ 19 Abs. 1 KrWaffKontrG, §§ 22, 23 StGB) erhoben.“

In der Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

Staatsanwältin Köhler: „Die Angeschuldigten lieferten in den Jahren 2010 und 2011 in zwei Chargen insgesamt 51 Spezialventile in den Iran. Die Lieferungen
waren Teil eines Gesamtauftrages im Wert von rund einer Million Euro.

Dabei handelte der Angeschuldigte Bernd L. als Geschäftsführer eines
Handelsunternehmens in Sachsen-Anhalt, das für die Ausfuhr der
Ventile in den Iran verantwortlich war.

Der Angeschuldigte René L. war Angestellter in dieser Firma und als Vertreter des Bernd L. in die Geschäftsführung eingebunden.

Der Angeschuldigte Ralf C. war Angestellter eines Unternehmens in Rheinland-Pfalz. Er gab unter anderem die Herstellung der Ventile in Auftrag und veranlasste deren
Auslieferung an das von den Angeschuldigten Bernd und René L. geleitete Unternehmen.“

Falscher Endabnehmer vorgetäuscht?

Staatsanwältin Köhler weiter: „Zur Umgehung der Ausfuhrkontrollen täuschten die Angeschuldigten Bernd und René L. einen falschen Endabnehmer vor.
Tatsächlich waren die Ventile für ein Unternehmen im Iran bestimmt,
das für den Bau des seinerzeit vom Iranembargo umfassten
Schwerwasserreaktors in Arak zuständig war.

Es bestand die Besorgnis, dass dieser Reaktor zur Produktion von atomwaffenfähigem Plutonium eingesetzt werden sollte. Das iranische Unternehmen war zum Zeitpunkt
der Lieferung der Ventile in den Anhängen der Iran-Embargo-Verordnung
‚gelistet‘. Jegliches Zurverfügungstellen wirtschaftlicher Ressourcen
– und damit auch von Waren oder Gütern gleichgültig welcher Art – an
dieses Unternehmen war daher verboten. Im Zuge der Atomverhandlungen
hat sich der Iran im sogenannten ‚Joint Comprehensive Plan of Action‘
vom 14. Juli 2015 nunmehr zum Rück- und Umbau des
Schwerwasserreaktors verpflichtet.“

Kontrollen ließen sich leicht umgehen

Die Kontrollen ließen sich leicht umgehen, kritisiert Michael Spaney, der Sprecher der Initiative „Stop the Bomb“, die sich für eine harte Linie gegenüber Teheran einsetzt, gegenüber der Deutschen Welle. „Nach unseren Informationen ist es relativ leicht, mit dem Iran illegale Geschäfte zu machen“. Dazu würden Mittelsmänner mit deutschem Pass hierzulande Firmen nach deutschem Recht gründen. Die Kontrollen für diese Tarnfirmen seien natürlich geringer als für internationale Firmen, so Spaney. So können falsch deklarierte Waren leichter unerkannt bleiben. Darüber hinaus sind auch die Empfänger nicht immer klar auszumachen: So habe sich beispielsweise eine Firma, hinter der die iranischen Revolutionsgarden stehen sollen, einfach umbenannt, damit die Hintermänner nicht mehr zu erkennen waren. Zudem würden deutsche Unternehmen häufig einfach Drittländer wie die Türkei als Exportziel benennen.

Konflikt um das iranische Atomprogramm ist vorerst gelöst

Mit der Wiener Vereinbarung vom 14. Juli 2015 einigten sich die E3 Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) und EU+3 Staaten (USA, Russland, China) und Iran nach mehr als zwölf Jahren Nuklearstreit auf eine langfristige Lösung. Seit 2002 bestanden massive Zweifel am friedlichen Charakter des iranischen Atomprogramms.  Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) bestätigte am 16. Januar 2016, dass Iran seine wichtigsten Verpflichtungen aus der Atomvereinbarung erfüllt habe: In der Folge haben die E3/EU+3 ihre Wirtschafts- und Finanzsanktionen aufgehoben. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einem „historischen Erfolg der Diplomatie“.

„Die Beziehungen zwischen dem Iran und der IAEO treten in eine neue Phase. Das ist ein wichtiger Tag für die internationale Gemeinschaft“: Mit diesen Worten bestätigte IAEO-Chef Yukiya Amano am 16. Januar 2016 die Umsetzung der iranischen Verpflichtungen aus der Wiener Vereinbarung vom 14. Juli 2015. So sind mehr als zwei Drittel der Zentrifugen abgebaut, das angereicherte Uran außer Landes gebracht und der Kern des Plutoniumreaktors in Arak zerstört worden. Auf Grundlage dieser Bestätigung haben die USA und die EU die gegen Iran im Zuge des Atomstreits verhängten Wirtschafts- und Finanzsanktionen aufgehoben.

Wiener Vereinbarung

Zuvor hatten sich am 14. Juli 2015 die E3+3 Staaten (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA) und Iran auf den Joint Comprehensive Plan of Action zur Beilegung des Streits um das iranische Nuklearprogramm geeinigt. Die Vereinbarung sieht technische Beschränkungen und Kontrollmechanismen vor, die gewährleisten, dass das iranische Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient und nicht für die Entwicklung von Nuklearwaffen verwendet werden kann. Im Gegenzug sollen die seit 2006 gegen Iran verhängten Sanktionen schrittweise aufgehoben werden.

Kernelemente der Vereinbarung sind:

– In den kommenden 15 Jahren wird ausschließlich in der Natanz-Anlage Uran auf lediglich bis zu 3,67 Prozent angereichert. Irans niedrig angereicherte Uranbestände werden für diesen Zeitraum auf 300 kg beschränkt.

– Der Schwerwasserreaktor Arak wird umgebaut, so dass dieser nicht mehr zur Herstellung waffentauglichen Plutoniums verwendet werden kann.

– Mehr als zwei Drittel der Zentrifugen werden eingemottet und unter Aufsicht der IAEO gestellt. 95 % des angereicherten Urans wird außer Landes gebracht oder vernichtet, sein Bestand bleibt für 15 Jahre streng begrenzt.

– Alles, was vereinbart ist, wird lückenlos überwacht. Es wurde ein robuster Mechanismus vereinbart, der garantiert, dass die IAEO überall dort Zugang bekommt, wo sie ihn braucht. Und das für bis zu 25 Jahre, was deutlich über die allgemeinen Regeln der IAEO hinausgeht.

UN-Resolution 2231

Als erster Schritt zur Implementierung der Vereinbarung hatte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 20. Juli 2015 einstimmig für die Resolution 2231 gestimmt: Im Gegenzug zur Umsetzung der technischen Beschränkungen des Nuklearprogramms durch Iran werden bestehende Sanktionen in mehreren Phasen aufgehoben. Wichtiger Bestandteil dabei ist der sogenannte VN „snap back“-Mechanismus: Demnach können gelockerte VN Sanktionen schnell und unkompliziert wieder eingesetzt werden, falls die Regierung in Teheran gegen die Vereinbarung verstößt. Hierfür sieht Resolution 2231 ein vereinfachtes Verfahren auch ohne Beschluss des Sicherheitsrats vor, falls Iran sich nicht an die Vereinbarung hält.

Nachdem Iran die vereinbarten Rückbaumaßnahmen an seinem Atomprogramm vorgenommen und die internationale Atomenergiebehörde dies bestätigt hat, wurden am 16. Januar 2016 die gegen das iranische Atomprogramm gerichteten VN- und EU-Wirtschafts- und Finanzsanktionen aufgehoben. Die USA haben ihre extraterritorial wirkenden Sanktionen gelockert. Iran kann nun wieder Öl und Gas exportieren und erhält Zugang zu seinen eingefrorenen Exporterlösen. Außerdem kann Iran internationale Finanzkanäle nutzen.

Das bilaterale US-Embargo gegen Iran bleibt dagegen im Wesentlichen in Kraft.

Ausnahmen bestehen für Lebensmittel, Teppiche und Flugzeuge sowie für ausländische Töchter von US-Unternehmen. US-Maßnahmen gegen Iran wegen Terrorunterstützung, Menschenrechtsverletzungen und Geldwäsche, die auch gegen Unternehmen außerhalb der USA Wirkung entfalten, gelten fort.

Waffenembargo gegen Iran bleibt in Kraft

Weiterhin in Kraft ist auch das Waffenembargo sowie die Handelsbeschränkungen für Güter für das iranische Raketenprogramm. Der Handel mit Nukleartechnologie wird künftig durch einen internationalen Beschaffungskanal („Procurement Channel“) überwacht.

4 KOMMENTARE

  1. schon mal warmlaufen lassen für denn neuen Krieg gegen Iran. dauert nicht mehr lange und es sind bald wieder Gesichter zu sehen bekommen die uns erzählen das der Iran die Atombombe hat und die Bevölkerung mit b+c Waffen dahin schlachtet es wird wahrscheinlich auch wieder eine Krankenschwester mitspielen wie damals..

Comments are closed.