Rente in Gefahr: Pensionsfonds stecken weltweit in der Krise

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Die Pensionsfonds weltweit können ihre Renditeversprechen nicht mehr erfüllen. Wenn sich die Lage nicht drastisch ändert, sind viele von ihnen von der Insolvenz bedroht - mit drastischen Folgen für Millionen Rentner. (Foto: flickr/ <a href="https://www.flickr.com/photos/h-k-d/6105644516/in/photolist-aix2p3-pdUAdF-gSAGsS-jPxLVs-iQZou-e2o8DB-dbVQ6L-eVdNY5-dQuj6G-h3FPZA-qAHisf-bktL6v-oDD66H-dZVLJy-7W8V2q-6Fdikn-nahXxB-9DJwef-5hk5vc-kY6bB7-brWeXG-ecFNL5-qcE3kk-74Db8p-ed64Fz-nYhsgD-e8Gfor-9xMjpi-5i2B42-ecKsJR-99S6jx-9xQiUS-bVHKFH-guJ3jm-oko85M-xVNkaU-8HxSp9-8HuHiB-gk5AeK-kvcEG4-aBXC58-aYDpVr-8Gs2PA-dsCJmp-8KNGfj-4NEQFi-9L8yng-8FHLXc-gk5HG1-4JrGLf" target="_blank">Hartwig HKD</a>)
Die Pensionsfonds weltweit können ihre Renditeversprechen nicht mehr erfüllen. Wenn sich die Lage nicht drastisch ändert, sind viele von ihnen von der Insolvenz bedroht – mit drastischen Folgen für Millionen Rentner. (Foto: flickr/ Hartwig HKD)

In Deutschland tobt derzeit erneut eine Debatte um Rentenansprüche und das Renteneintrittsalter. Dabei gefährden der demographische Wandel und die Niedrigzinsen nicht nur hierzulande die Altersvorsorge von Millionen Menschen. Auch die Rentensysteme in anderen Ländern haben mit ernsthaften Problemen zu kämpfen – und einige stehen sogar kurz vor dem Kollaps. Immer mehr Pensionsfonds in Staaten wie Brasilien, Großbritannien und den USA warnen davor, dass sie in wenigen Jahren insolvent sein werden, wenn die Pensionsansprüche nicht drastisch gekürzt werden.

Pensionsfonds in Großbritannien mit Milliarden-Defizit

Der Universities Superannuation Scheme (USS) repräsentiert 330.000 Mitarbeiter aus 400 Institutionen und zählt damit zu den größten Pensionsfonds Großbritanniens. Der USS gab kürzlich bekannt, weitgehende Einschnitte vorzunehmen, um weiterhin solvent zu bleiben. Wie aus der Jahresbilanz 2015 hervorgeht, ist der Fonds bereits jetzt drastisch unterfinanziert. Den Vermögenswerten in Höhe von 49,1 Milliarden Pfund (rund 63,4 Milliarden Euro) stehen Verbindlichkeiten von 57,3 Milliarden Pfund (rund 74 Milliarden Euro) gegenüber.

Der britische Pensionsfonds kämpft also mit einer Finanzierungslücke von 8,2 Milliarden Pfund (rund 10,6 Milliarden Euro) und das Defizit wächst weiter an. Im Jahr 2015 waren nur noch 86 Prozent der Pensionsansprüche gesichert. Im Jahr zuvor waren es noch 89 Prozent. Deshalb werden die versprochenen Auszahlungen an künftige Pensionäre ab Oktober 2016 gekürzt. Die Einschnitte sollen sicherstellen, dass der Fonds zumindest einige seiner Zahlungsversprechen einhalten kann.

Brasiliens Pensionssystem steht vor dem Kollaps

Und Großbritannien steht nicht alleine da. Auch in Brasilien steht das öffentliche Pensionssystem kurz vor dem Kollaps. Das Land, dass einst als Hoffnungsträger der aufstrebenden Entwicklungsländer galt und in diesem Jahr die Olympischen Spiele ausrichten soll, steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seit drei Jahrzehnten. Die hohe Schuldenlast macht Brasilien zu schaffen, mehrere Bundesstaaten warten bereits vor finanziellen Engpässen.

Das schlägt sich nun auch auf die Pensionen nieder, wie Bloomberg berichtet. In der Millionen-Metropole Rio de Janeiro sollen demnach die Pensionen für den Monat März nicht ausgezahlt worden sein. Der Pensionsfonds Rioprevidencia, der Angestellte im öffentlichen Dienst versorgen soll, verzeichnet ein Budgetdefizit von 10 Milliarden Real (rund 2,5 Milliarden Euro). Eine Anleihe zur Zwischenfinanzierung des Defizits in Höhe von 2,6 Milliarden Euro ließ der Fonds vor einigen Wochen platzen.

Der Pensionsfonds ist abhängig von Öl-Verkäufen des staatlichen Unternehmens Petronas und diese fielen in den letzten Monaten um über 60 Prozent. Im Notfall müsste der ohnehin fast bankrotte Staat in die Bresche springen und die Finanzlücke schließen. Die Folge könnte der Zusammenbruch des öffentlichen Dienstes in Rio de Janeiro sein, warnt der Gouverneur von Rio de Janeiro, Leonardo Espindola. Angesichts der Olympischen Sommerspiele würde dies ein fatales Signal an die Welt abgeben. „Wir sprechen hier von dem Bild, das Brasilien abgibt. Wir nähern uns einem sozialen Kollaps“, zitiert Bloomberg den Gouverneur.

Doch am schlimmsten sieht die Situation der Pensionsfonds in den USA aus. Das US-Pensionssystem sieht sich mit einem Finanzierungsloch von 3,4 Billionen Dollar, konfrontiert, wie die Financial Times berichtet. Immer mehr US-Städte müssen Insolvenz anmelden, weil die immensen Pensionsansprüche die Haushaltskassen belasten. Nach Detroit steht nun die Millionen-Metropole Chicago kurz vor dem Bankrott.

Pensionsansprüche treiben US-Städte in den Ruin

„Die Probleme mit den Pensionen werden die Budgets der Bundesstaaten gefährden, wenn es keine weitreichenden Änderungen gibt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es in den nächsten fünf bis zehn Jahren mehr Insolvenzen von Städten geben wird, und dabei werden unterfinanzierte Pensionsansprüche eine große Rolle spielen“, zitiert die Financial Times den Wirtschaftsprofessor Joshua Rauh von der Stanford Universität. Zurzeit legen die US-Bundesstaaten rund 7 Prozent des öffentlichen Budgets für Pensionsansprüche zurück. Diese Zahl müsste jedoch auf 17,5 Prozent steigen, um die Finanzierungslücken zu schließen.

„Es ist seit Jahren klar, dass die Pensionsprogramme vieler Städte und Bundesstaaten kritisch unterfinanziert sind und dies nur durch Buchhaltungstricks versteckt wird“, sagte der republikanische Kongress-Abgeordnete Devin Nunes der Financial Times. Er warnte sogar vor dem völligen Kollaps des Pensionssystems und den Kosten für die US-Steuerzahler. „Wenn diese Pensionsfonds insolvent gehen, werden sie so riesige Probleme schaffen, dass die Regierung sie mit einem Bali-Out retten muss.“

Das jüngste Alarmsignal kam von einem der größten US-Pensionsfonds, dem Central States Pension Fund (CSPF), der über 250.000 Rentner repräsentiert. Der Fonds hat um die Erlaubnis gebeten, die Auszahlungen an seine Kunden kürzen zu dürfen, wie die Washington Post berichtet. Im letzten Jahr verbuchte der Fonds eine Negativrendite von 0,81 Prozent, verlor also effektiv Geld. Dennoch wurden für jeden eingezahlten Dollar etwa 3,61 Dollar ausgezahlt. Sollten die Pensionsansprüche nicht gekürzt werden, wäre der Fonds im Jahr 2025 bankrott, so der dramatische Appell des Managements.

Zwar existiert in den USA auch ein staatlicher Sicherungsfonds zum Ausgleich bankrotter Pensionsfonds namens Pension Benefit Guaranty Corporation (PBGC), doch dieser ist selbst von der Insolvenz bedroht, wie CNN Money berichtet. Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist der OBGC auch im Jahr 2025 Pleite. Über eine Millionen Rentner müssten sich dann auf erhebliche Kürzungen ihrer Altersvorsorge einstellen. „Das wird eine Krise von nationalem Ausmaß für Hunderttausende, vielleicht sogar Millionen von Ruheständler und Familien. Es wird die Tür für weitere Kürzungen öffnen“, warnte Karen Friedman, Präsidentin des Pension Rights Center, gegenüber der Washington Post.