Plant die Bilderberger-Konferenz eine Weltregierung?

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Wie jedes Jahr haben sich führende Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien zur Bilderberger-Konferenz versammelt. Von den geheimen Treffen dringt abgesehen von der offiziellen Teilnehmerliste wenig an die Öffentlichkeit, was Spekulationen etwa über die Schaffung einer Weltregierung weiten Raum geöffnet hat. Auch acht Deutsche waren diesmal dabei, darunter der ehemalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und der Grünen-Politiker Jürgen Trittin.

Seit 1954 treffen sich die Eliten aus Politik, Wirtschaft und Medien einmal im Jahr zur Bilderberger-Konferenz. Was die Entscheidungsträger bei dem dreitägigen geheimen Treffen besprechen, wird streng vertraulich behandelt. Es gelangen kaum Informationen an die Öffentlichkeit. Kritiker der Bilderberger vermuten hinter der Vereinigung eine Verschwörung zur Gründung einer Weltregierung.

Zwei Drittel der Konferenzteilnehmer kommen aus Europa. Der Rest sind vor allem US-amerikanische Vertreter. Ein Drittel der Gäste sind Politiker, die restlichen zwei Drittel kommen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Medien, Militär und dem Hochadel. Ein besonderes Gewicht hat die Finanzindustrie, allen voran die Wall-Street.

Eine Teilnahme an der Bilderberger-Konferenz ist ausschließlich auf Einladung durch den Vorsitzenden des Steering Committee möglich, des Lenkungsausschusses der Bilderberger. Bewerbungen und Kontaktanfragen lehnt die Vereinigung kategorisch ab, beziehungsweise ignoriert sie einfach.

Die Teilnehmerlisten der jährlichen Treffen werden zusammen mit einer oberflächlichen Beschreibung der Themen und des Austragungsortes erst nach der dreitägigen Konferenz veröffentlicht. Die Teilnehmer unterliegen einer strengen Geheimhaltungspflicht.

Auch dieses Jahr liest sich die Teilnehmerliste der Bilderberger-Konferenz im Westfields Marriott Hotel in Chantilly im US-Bundesstaat Virginia wie das Who-Is-Who der Mächtigen dieser Welt. Die Diskutanten trafen sich zum informellen Austausch über die wichtigsten Themen des internationalen Weltgeschehens.

Es standen „die transatlantischen Beziehungen, die Evolution der politischen Landkarten Europas und Amerikas, Knappheit und Wachstum in entwickelten Volkswirtschaften, sowie Cybersicherheit, Herausforderungen im Energiebereich und die Zukunft der Demokratie in Russland, China und dem Mittleren Osten“ auf der Agenda.

Geleitet und organisiert wird die Veranstaltung vom Steering Committee der Bilderberger, welches auch die Stammgäste der Konferenz stellt. Alle anderen Teilnehmer werden aufgrund ihrer derzeitigen Position einmal oder mehrmals zur Konferenz geladen. Teilweise gilt die Einladung nur für einen Tag oder wenige Stunden, im Regelfall aber für die gesamten drei Tage der Konferenz.

Zum illustren Kreis auf der Teilnehmerliste gehörten dieses Jahr unter anderem Vertreter der Deutschen Bank, von Barclays und der Bank of Canada, aber auch der chinesische Außenminister und der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Neelie Kroees. Hinzu kamen Persönlichkeiten aus der Industrie, wie Abgesandte von Siemens oder Airbus, ergänzt durch diverse Medienvertreter renommierter internationaler Leitmedien.

Aus Deutschland waren 2012 folgende Teilnehmer bei der 60. Auflage der Bilderberger-Konferenz vertreten:

  • Josef Ackermann (ehemaliger Vorstandschef der Deutschen Bank, Mitglied des Lenkungsausschusses der Bilderberger),
  • Thomas Enders (CEO, Airbus),
  • Wolfgang Ischinger (Global Head of Government Affairs, Allianz S.E.),
  • Roland Koch (CEO, Bilfinger Berger),
  • Peter Löscher (CEO, Siemens AG),
  • Matthias Naß (Chefkorrespondent Internationales, Die Zeit) und
  • Wolfgang Reitzle (CEO und Präsident, Linde AG)
  • Jürgen Trittin (Parteivorsitzender, Die Grünen).

Das Schweigen der Medien

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Foto: Heinrich-Böll-Stiftung

Der verschwiegene Zirkel der Bilderberger nimmt es mit der Geheimhaltung sehr ernst. Trotz vieler Rechercheversuche verschiedener Medienvertreter gelangen quasi keine Informationen an die Öffentlichkeit.

Und auch die Leitmedien der Welt halten sich an ein selbstauferlegtes Schweigegelübde. Dies mag vor allem daran liegen, dass Vertreter ebendieser Medien regelmäßig Teilnehmer bei den Bilderberger-Konferenzen sind.

Besonders hervorgetan hat sich in der Vergangenheit das Wochenmagazin „Die Zeit“, welches bei nahezu allen Bilderberger-Konferenzen vertreten war. Aber auch Gruner und Jahr, Springer und Abgesandte der wichtigsten internationalen Leitmedien sind regelmäßig vertreten.

Das Schweigen der Medien lässt sich durch ein Zitat von David Rockefeller, dem wichtigsten Bilderberger erklären:

„Wir sind der Washington Post, der New York Times, dem Time Magazine und anderen großen Publikationen dankbar, deren Chefredakteure an unseren Treffen in der Vergangenheit teilnahmen und die Zusage der Vertraulichkeit fast 40 Jahre lang respektierten.“

Sagenumwobene Entstehungsgeschichte

Über die Gründung der Bilderberger-Konferenz finden sich zahlreiche Mythen. Der Impuls zur Gründung des informellen Machtzirkels lässt sich auf den Jesuiten-Priester Jozef Retinger zurückführen. Dieser brachte 1942 und 1944, als Vertreter der polnischen Exilregierung, Mitglieder der Exilregierung und Außenminister europäischer Staaten zu zwei Konferenzen in London zusammen. Die Idee wurde von Retinger auch in den folgenden Jahren weiter verfolgt.

Einen richtigen Schub bekam Retingers Projekt, als der amerikanische Wirtschaftsmogul David Rockefeller für die Idee entflammte. 1954 wurde die erste vertrauliche Tagung im niederländischen Hotel „Bilderberg“, welches der Konferenz den Namen gab, vom damaligen niederländischen Prinzen Bernhard eröffnet.

Schon damals galt ein strenges Verschwiegenheitsgebot, welches bis heute seine Geltung hat. Nach der Konferenz erhält jeder Teilnehmer ein Protokoll des Treffens, welches eine Zusammenfassung der Besprechungen enthält. Allerdings werden die Beiträge nicht bestimmten Teilnehmern, sondern dem jeweiligen Herkunftsland zugeordnet. Zusätzlich erhalten die Teilnehmer eine erläuternde Schrift zu der jeweiligen Konferenz, die besonders vertraulich behandelt werden soll.

Bis 1989 setzten sich die Teilnehmerlisten der Bilderberger-Konferenzen fast ausschließlich aus Vertretern europäischer Staaten und der USA zusammen. Seitdem hat ein langsamer Öffnungsprozess eingesetzt, der dazu führte, dass auch China, Indien, Russland und südamerikanische Staaten vertreten sind.

Verschwörungstheorien über Gründung einer Weltregierung

Der hohe Grad an Verschwiegenheit und die wenigen Informationen, die über das illustre Treffen der Mächtigen an die Öffentlichkeit gelangen, bieten Verschwörungstheoretikern jede Menge Platz zur Spekulation. Im Mittelpunkt ihrer Theorien steht der Vorwurf, dass sich der globale Macht- und Geldadel zur Bildung einer Weltregierung, unter Leitung einer aufgewerteten UNO, verschworen hat.

Zu diesem Zweck wollen die Bilderberger die Globalisierung vorantreiben und staatliche Monopole auf supranationale Organisationen übertragen. Die Bevölkerung der Welt soll laut den Verschwörungstheoretikern verarmen, damit eine neue Gesellschaft, geteilt in Herrschende und Beherrschte, etabliert werden kann. Das Leitmotiv der Bilderberger wäre demnach eine ökonomische Umverteilung, welche in der Herrschaft einer globalen Machtelite mündet.

Als Indizien wird besonders gerne auf das erstaunliche Schweigen der Medien hingewiesen, die im Interesse der Mächtigen, einen Mantel des Schweigens um die Bilderberger-Konferenzen legen. Auch die relativierenden bis abwehrende Haltung ehemaliger Teilnehmer, bei Fragen zu den Bilderbergen, geben Anlass zur Spekulation.

Als besonders brisant gilt die Teilnahme von Politikern bei den Bilderberger-Konferenzen. Den Volksvertretern wird vorgeworfen sich Mauscheleien und Geheimabsprachen zu unterwerfen und sich den Interessen der Finanzindustrie anzudienen. Den Vorwürfen wird immer mit derselben Argumentation begegnet: die Teilnahme habe als Privatperson stattgefunden, daher gäbe es auch kein öffentliches Interesse an dieser Veranstaltung. Ausserdem müsse es auch Politikern gestattet sein, vertrauliche Gespräche zu führen.

Die Macht der Bilderberger

Es gibt durchaus Indizien für die Macht der Bilderberger, die sich kaum auf Zufälle zurückführen lassen. Ein besonders anschauliches Beispiel lieferten die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und ihr Vorgänger Gerhard Schröder.

Im letzten Jahr von Schröders Amtszeit waren beide als Teilnehmer zur Bilderberger-Konferenz geladen. Allerdings gab es einen feinen, aber entscheidenden Unterschied: während die Oppositionsführerin Merkel für die gesamten drei Konferenztage eine Einladung erhielt, beschränkte sich Schröders Anwesenheit auf einige Stunden.

Nur 17 Tage nach der Bilderberger-Konferenz äußerte Schröder seinen Wunsch nach vorgezogenen Neuwahlen – eine Option, die das Grundgesetz nicht vorsieht. Nur mit einigen Tricksereien konnte Schröder die Neuwahlen durchsetzen. Mit dem bekannten Ergebnis: einem Regierungswechsel.

Auch in der Bilderberger-Konferenz 2011 wurden nach Meinung der Bilderberger-Kritiker wieder Absprachen getroffen, die Einfluss auf die deutsche Politik haben könnten. Als Gast war der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück geladen. Nur wenige Wochen später sprach sich überraschend der mehrfache Bilderberger-Teilnehmer Helmut Schmidt für eine Nominierung Steinbrücks zum Kanzlerkandidaten der SPD und damit zum möglichen Nachfolger Merkels aus.

Weiteres Futter bekam die These eines – von den Bilderbergern gesteuerten – Regierungswechsels in Deutschland bei der diesjährigen Bilderberger-Konferenz. Zur Überraschung vieler Beobachter findet sich der Grünen-Chef Jürgen Trittin als einziger deutscher Politiker auf der Teilnehmerliste. Ein Indikator, der für einen bevorstehenden Regierungswechsel spricht.

Trittin weist den Vorwurf der Mauschelei, genauso wie alle anderen ehemaligen Bilderberger, weit von sich. Nach dem Bekanntwerden seiner Teilnahme an der Konferenz brach ein Sturm der Entrüstung über dem Grünen-Chef los. Trittin sah sich gezwungen, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. Auf seiner Webseite veröffentlichte er zu diesem Zweck ein Interview mit sich selbst.

Demnach wurde er auf Initiative des Zeit-Korrespondenten Matthias Naß zur Konferenz eingeladen. Die Vorwürfe einer Geheimgesellschaft anzugehören weist der Polit-Profi Trittin allerdings weit von sich:

„Auf der diesjährigen Bilderberg-Konferenz wurden aktuelle Themen wie die transatlantischen Beziehungen, die aktuelle EU-Schuldenkrise, Fragen zur internationalen Energiepolitik und Cyber-Security besprochen. Ich habe dabei als Panelist über die Krise des Euros und der Europäischen Union diskutiert.“

„Ich habe dort nichts anderes vertreten als anderswo. So plädierte ich für eine Abkehr vom einseitigen Sparkurs in Europa, für nachhaltige Investitionen in Bildung, Energie und Infrastruktur sowie einen europäischen Schuldentilgungsfond. Selbstverständlich warb ich für eine Steuer auf Finanzgeschäfte und für eine Vermögensabgabe, um Krisenverursacher und Vermögende an den Kosten der Krise zu beteiligen. Ich habe dabei keineswegs nur Ablehnung registriert. Im Gegenteil: Viele Anwesende hielten das derzeitige europäische Krisenmanagement („too little – too late“) für eine dramatische Unterschätzung der Krise und waren sich einig, dass eine Kurskorrektur dringend notwendig sei.“

„Ich habe das erste Mal an einer Bilderberg-Konferenz teilgenommen. Nach meinem Eindruck unterscheidet sie sich wenig von vielen anderen Konferenzen, bei denen Manager, Wissenschaftler und Politiker zusammentreffen. Auf diesen Konferenzen geht es um einen offenen Austausch zu aktuellen Themen. Damit solche Diskussionen nicht nur in den üblichen Textbausteinen enden, finden sie häufig vertraulich statt. Dies unterscheidet Bilderberg-Konferenzen nicht von vielen anderen Formaten, wo sich Think-Tanks, Politiker und Unternehmen treffen.“

Zudem sei seine Teilnahme rein privater Natur gewesen, daher habe er auch die Kosten der Reise selber getragen, argumentiert Trittin: „Dem deutschen Steuerzahler sind durch meine Teilnahme keine Kosten entstanden.“

Ob der Grünen-Chef unter einer Fehlwahrnehmung der Realität leidet oder die Bilderberger-Konferenz tatsächlich nicht viel mehr als ein prominent besetzter Debattierclub ist, sei dahingestellt. Verwunderlich erscheint zumindest die Tatsache, dass seit über 50 Jahren die weltweiten Eliten, der Bilderberger-Konferenz einen Premiumplatz in ihren Terminkalendern einräumen.