Offene Immobilienfonds geraten in Deutschland weiterhin unter Druck – und das, obwohl sich viele Segmente des Immobilienmarkts 2025 erholen. Ein spezieller Vorfall im Jahr 2024 hat das Anlegervertrauen erschüttert: Die Abwertung des UniImmo: Wohnen ZBI Fonds war nicht nur für Anleger ein Schock, sondern führte zu branchenweiten Mittelabflüssen und juristischen Auseinandersetzungen. Doch ist das Misstrauen gerechtfertigt? Forscher der Universität Regensburg liefern dazu überraschende und differenzierte Einschätzungen – und wichtige Hinweise für Privatanleger.
Vorteile offener Immobilienfonds:
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Risiko breit gestreut durch viele Immobilien.
Niedrige Volatilität, stabile Wertentwicklung.
Zugang auch für kleine Anlegerbeträge.
Regelmäßige Mieteinnahmen und Rendite.
Professionelle Verwaltung, strenge Regulierung.
Offene Immobilienfonds – Studienergebnisse der Universität Regensburg
Ein Team um Prof. Steffen Sebastian und Prof. Tobias Just untersuchte die Entwicklung offener Immobilienfonds über den Zeitraum von 20 Jahren (2004–2024). Die wichtigsten Erkenntnisse:
Bei einem langen Anlagehorizont weisen offene Immobilienfonds eine signifikant niedrigere Volatilität auf als Aktien oder sogar Anleihen, ohne übermäßig an Rendite zu verlieren.
Über 20 Jahre lag die durchschnittliche Jahresrendite von Immobilienfonds bei 2,13 %. Staatsanleihen schnitten mit 2,18 % ähnlich ab; Aktien (MSCI World) erzielten 9,3 % (jeweils nach Steuern).
Kernaussagen der Langzeitstudie Regensburg (2024)
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Untersuchungszeitraum: 20 Jahre (2004–2024)
Datengrundlage: Offene Immobilienpublikumsfonds und institutionelle Immobilienfonds. -
Renditevergleich:
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Aktienportfolio (MSCI World): ca. 9,3% p. a. (nach Steuern)
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Europäische Staatsanleihen: 2,18% p. a.
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Offene Immobilienfonds: 2,13% p. a.
Damit sind Immobilienfonds zwar renditeschwächer als Aktien, bieten aber im Vergleich zu Anleihen bei ähnlicher Rendite deutlich geringere Volatilität.
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Volatilitätsanalyse:
Offene Immobilienfonds schwanken im 20-Jahres-Vergleich weniger stark als Anleihen oder Aktien – ein überraschendes Ergebnis, da Anleihen klassisch als Stabilitätsanker gelten. -
Korrelation:
Immobilienfonds entwickeln sich weitgehend unabhängig von Anleihen. Die Korrelation zu Aktien ist gering, wodurch sie sich als Diversifikationsbaustein in gemischten Portfolios eignen.
FAQ: Wie funktionieren offene Immobilienfonds?
Offene Immobilienfonds sammeln Geld von vielen Anlegern und investieren es breit gestreut in verschiedene Immobilien wie Bürogebäude, Hotels, Einkaufszentren oder Wohnhäuser. Die Anleger profitieren über Mieteinnahmen sowie potenzielle Wertsteigerungen an den Immobilienmärkten
Die Korrelation zwischen offenen Immobilienfonds und anderen Anlageklassen ist gering – Werte von 0,10 (Aktien) und -0,02 (Anleihen) fördern die Risikodiversifikation.
Das Risiko kurzfristiger Wertverluste minimiert sich mit zunehmender Haltedauer deutlich. Lediglich für Kurzfrist-Anlagen eignet sich diese Anlageklasse nicht: Ausgabeaufschläge und Rückgabefristen belasten dann überproportional.
Prof. Steffen Sebastian – Universität Regensburg:
„In der Vergangenheit waren offene Immobilienfonds nach mehreren Risikokennziffern sicherer als andere Anlageklassen. Sie sind also – rechnerisch nachweisbar – ein wesentlicher Bestandteil bei langfristiger Anlagestrategie. Kurzfristige Anlagen in offene Immobilienfonds sind hingegen nicht rentabel.“
Marktlage 2024/2025 und die Nachwirkungen des “ZBI-Schocks”
Das Segment der offenen Immobilienfonds verwaltet in Deutschland rund 120 Milliarden Euro Anlegergelder. Nach dem ZBI-Vorfall (Abwertung 2024: -18 %) kam es zu kumulierten Mittelabflüssen von historischer Höhe, u. a. 889 Mio. € allein im Juli 2025 – der höchste Monatswert seit der Finanzkrise 2008.
Viele Fonds wurden von Ratingagenturen wie Scope herabgestuft – über die Hälfte aller bewerteten OIFs steht 2025 unter erhöhter Beobachtung. Das Gros der Fonds kann jedoch – aufgrund hoher Liquiditätsreserven – Rückgaben weiterhin bedienen.
FAQ: Welche Risiken bestehen bei offenen Immobilienfonds?
Hauptsächlich gibt es Risiken durch mögliche Abwertungen bei sinkenden Immobilienpreisen, begrenzte Liquidität (lange Haltefristen und Rückgabefristen), sowie Wertschwankungen, etwa wenn viele Anleger gleichzeitig Anteile verkaufen wollen. Nicht alle Fonds sind gleich breit diversifiziert, was zusätzliche Risiken birgt.
Die Liquiditätsquoten sinken (14,6 % Ende 2024), Fremdkapitalquoten steigen leicht (18,1 %), was die Flexibilität der Anbieter bei weiteren Rückgaben limitiert.
Die Performance 2025 bleibt schwankend: Die durchschnittliche Einjahresrendite fiel erstmals seit zehn Jahren ins Minus und notiert aktuell bei rund -1,1 % (April 2025). Mittelfristig erwartet Scope jedoch eine Stabilisierung auf +/-0,5 % p. a..
Worauf Anleger besonders achten sollten
Die Mindesthaltefrist beträgt zwölf Monate, die Rückgabefrist ebenfalls ein Jahr. Spontane Liquiditätsbedürfnisse lassen sich deshalb nur bedingt mit Immobilienfonds decken.
Fonds, die über viele, breit gestreute und langfristig bewirtschaftete Immobilien verfügen – etwa große, alteingesessene Fonds – sind aktuell robuster als junge oder stark spezialisierte Produkte.
Als Beimischung in gemischten Portfolios eignen sich offene Immobilienfonds weiterhin: Sie glätten Schwankungen (Volatilität), bieten jedoch keinen Kapitalersatz für Tagesgeld oder Festgeld.
Der ESG-Trend spielt zunehmend eine Rolle: Fonds, die nach Nachhaltigkeitskriterien investieren, verzeichneten 2025 überdurchschnittliche Zuflüsse.
Aktuelle Einordnung für Anleger
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Anlagecharakter: Langfristinvestment mit geringer Liquidität (Mindesthaltefrist 12 Monate + Rückgabefrist 12 Monate).
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Risikoprofil: Wertänderungsgefahr bei Marktanpassungen, aber deutlich stabiler Ertragsverlauf als Aktien oder REITs.
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Empfehlung vieler Experten: Beimischen von 10–20 % Immobilienfondsanteil in gemischten Portfolios zur Glättung von Schwankungen.
Tipp von Prof. Tobias Just:„Institutionelle Investoren reagieren oft schneller auf Zinsänderungen und Kapitalmarktereignisse. Ihre Mittelabflüsse sind ein Frühindikator für die Entwicklung in Publikumsfonds. Wer das im Auge behält, kann potenzielle Risiken besser einschätzen.“
Branchenlage laut Scope, CBRE und BVI (Stand Oktober 2025)
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Gesamtvolumen offener Immobilien-Publikumsfonds: ca. 120 Mrd. €.
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Marktumfeld: Erholungstendenzen bei Büro- und Wohnimmobilienpreisen seit Mitte 2025, allerdings weiterhin selektive Liquiditätsrücknahmen.
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Handelsaktivität: Transaktionsvolumen Q3/2025 laut CBRE +14 % ggü. Vorjahr – erste Zeichen einer Normalisierung.
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Renditeprognose 2025–2028: Scope erwartet jährliche Renditen von 2,0 – 3,0 % p. a., abhängig von Inflation und Zinsentwicklung.
FAQ: Wie sicher ist die Anlage derzeit?
Offene Immobilienfonds gelten grundsätzlich als risikoärmere Anlageform und stabilisieren viele Portfolios durch geringe Schwankungen. Allerdings sind sie 2024/2025 stärker unter Druck geraten, teils mit Wertverlusten und Mittelabflüssen. Langfristig bleiben sie für risikobewusste Sparer interessant, kurzfristige Schwankungen sind aber möglich.
Offene Immobilienfonds bleiben trotz einer Phase starker Mittelabflüsse und Renditerückgänge 2024/2025 ein wichtiger Bestandteil risikoarmer, langfristig ausgerichteter Portfolios. Ihr größter Vorteil liegt in der niedrigen Schwankungsintensität. Wer plant, Geduld und Diversifikation in den Vordergrund zu stellen, erhält weiterhin ein verlässliches Instrument zur Portfoliostabilisierung – kurzfristige Spekulationsgewinne und 100%ige Liquidität sind aber nicht zu erwarten.
Quellen:
Handelsblatt, IRE|BS Universität Regensburg, Scope Marktstudien 2024/2025, BVI Jahrbuch 2025, CBRE, FinanzBusiness, KPMG, Hausinvest, FundResearch, Börsen-Zeitung, Stiftung Warentest, Profinance, AssetPhysics, Das Investment

















