Warum Unternehmen sich vor Psychopathen schützen sollten

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Psychopathen sind Meister der Täuschung und nur selten so leicht zu erkennen wie US-Schauspieler Christian Bale im Film „American Psycho“. (Foto: gizmodo)
Psychopathen sind Meister der Täuschung und nur selten so leicht zu erkennen wie US-Schauspieler Christian Bale im Film „American Psycho“. (Foto: gizmodo)

Psychopathen hinterlassen in unserer Gesellschaft eine Schneise der Verwüstung. Gebrochene Herzen, zerstörte Existenzen und bankrotte Unternehmen sind häufig die Folgen ihres skrupellosen Handelns. Dabei sind Psychopathen ähnlich wie Linkshänder von außen nicht auf den ersten Blick erkennbar. Sie sehen aus wie jeder andere Mensch und man kann sie erst anhand ihren Taten identifizieren.

Viele Menschen glauben, dass Psychopathen selten sind oder nur in den unteren Gesellschaftsschichten zu suchen seien. Doch das Gegenteil trifft zu. Je härter der Wettbewerb ist, desto eher lohnt sich das Manipulieren und Betrügen. Rücksichtslosigkeit und ein Mangel an Empathie können mitunter sehr hilfreich dabei sein, die Karriereleiter in Konzernen emporzusteigen.

Psychopathen können Unternehmen ruinieren

Somit verwundert es nicht, dass Wissenschaftler viele psychopathisch veranlagte Menschen in den höchsten Führungsetagen von Unternehmen und Politik vermuten. Menschen mit einer narzisstischen oder psychopathischen Persönlichkeit sind etwa drei- bis viermal häufiger in Machtpositionen vertreten als der Bevölkerungsdurchschnitt. Dabei sind sie jedoch keinesfalls gewinnbringend für ein Unternehmen, sondern können es leicht in den Ruin treiben, meint etwa der Psychologe Jens Hoffmann im Interview mit der Zeit.

„Sie denken nicht an das Unternehmen, sondern handeln nur in ihrem eigenen Interesse. Sie haben Spaß an Dominanz und Kontrolle. Sie demütigen gern andere und mögen es oftmals auch, wenn andere Angst vor ihnen haben. Selbst haben sie keine Angst. Gerade das macht sie in Führungspositionen gefährlich, denn sie treffen oft hochriskante Entscheidungen, die ein Unternehmen in den Ruin treiben können.“

Der Stanford-Professor Robert Sutton hat ein Buch über destruktive Charaktere im Management verfasst. Wichtiger für die Zukunft von Unternehmen als jeder Ruf nach einer neuen Fehlerkultur sei das Nachdenken über all die destruktiven Charaktere in den Unternehmen. Unternehmen müssten sich deshalb frühzeitig mit denjenigen Charakteren beschäftigen, die „ihren Mitmenschen schaden und die Leistungsfähigkeit dieser Organisation untergraben“.

Psychopathisch veranlagte Menschen „vergraulen Kunden und Mitarbeiter, inszenieren arbeitszeitkostende Konflikte, höhlen die Leistungsfähigkeit von Teams und Management aus“, schreibt Gerhard Dammann, Autor der Studie mit dem Titel „Narzissten, Egomanen, Psychopathen in der Führungsetage“. Deshalb ist es für das Unternehmen von größter Bedeutung, frühzeitig auf die Kernmerkmale von Psychopathen zu achten.

Empathielosigkeit

Psychopathen sind nicht in der Lage, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Sie können die Gefühle anderer Menschen nicht nachempfinden oder verstehen. Psychopathen lernen jedoch sehr früh, dass es für ihr Überleben innerhalb der Gesellschaft unabdingbar ist, Gefühle wie Mitleid oder Trauer zu imitieren. In Situationen, für die sie sich kein passendes Verhaltensmuster zurecht gelegt haben, verraten sie sich oft durch unangebrachtes oder stark übertriebenes Verhalten.

Fehlendes Schuldbewusstsein

Psychopathen akzeptieren nur ihre eigenen Regeln. Die Regeln einer Gesellschaft oder eines Unternehmens machen sie sich nie zu eigen. Sie gelten nur für andere, nie jedoch für sie selbst. Daher empfinden Psychopathen auch keine Reue, wenn sie diese Regeln brechen.  Die Gehirnregion, die bei gesunden Menschen Reue, Scham oder Schuld verarbeitet, ist bei Psychopathen unterentwickelt und häufig gänzlich inaktiv.

Oberflächligkeit

Ein Psychopath entwickelt nur selten eine wahre Leidenschaft für ein Thema. Er ist nicht im Stande dazu, das nötige innere Feuer oder die Disziplin aufzubringen, um ein Gebiet wie die Kunst oder die Wissenschaft wahrhaft zu meistern. Er verschleiert diesen Mangel an Leidenschaft, in dem er stets an der Oberfläche der Themen verbleibt. Er blendet seine Mitmenschen mit rhetorischen Tricks, um von seiner mangelnden Tiefgründigkeit abzulenken.

Größenwahnsinn

Trotz ihres Mangels an Expertise, mangelt es Psychopathen keineswegs an Selbstbewusstsein. In ihrer Welt sind sie Gott. Fehler machen stets nur die anderen, denn der Psychopath nimmt sich selbst als perfekt wahr. Das führt dazu, dass sie nach außen hin eine übertriebene Anspruchshaltung zur Stau stellen und geradezu größenwahnsinnig wirken.

Verantwortungslosigkeit

Psychopathische Menschen sind nicht im Stande, sich eigene Fehler einzugestehen. Zudem empfinden sie keinerlei Angst, was dazu führt, dass sie hochriskante Entscheidungen treffen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für sich oder andere. Das macht Psychopathen auch für Unternehmen extrem gefährlich.

Zwanghaftes Lügen

Um ihre Umgebung über ihre wahre Natur zu täuschen, bedienen sich sie sich ständig der Lüge. Doch im Gegenteil zu normalen Menschen, zeigen sie dabei keinerlei äußere Anzeichen. Wo normale Menschen rot vor Scham werden oder anfangen zu schwitzen, bleiben Psychopathen stets kontrolliert. Vermutlich sind sie so sehr von ihren Lügen überzeugt, dass sie sie als Wahrheit empfinden. So sind sie spielend in der Lage jeden Lügendetektor-Test zu bestehen.

Manipulatives Verhalten

Psychopathen manipulieren ihre Mitmenschen, um ihre Ziele zu erreichen. Sie spinnen Intrigen und hetzen Menschen gegeneinander auf. Sie verwenden dabei die Emotionen ihrer Opfer gegen sie selbst. Durch das jahrelange Beobachten menschlichen Verhaltens sind sie wahre Meister der Manipulation und sind sehr geübt darin, anderen Menschen ihren Willen aufzuzwingen. Sollte sich ein Opfer gegen den Willen des Psychopathen streben, können sie sehr schnell impulsiv und sogar gewalttätig werden.

Wichtiger Hinweis: Psychopathen erfüllen selten alle hier aufgelisteten Kriterien. Und auch normale Menschen erfüllen die eine oder andere dieser Eigenschaften, ohne jedoch psychopathisch zu sein. Erst wenn bestimmte Merkmale gleichzeitig und stark ausgeprägt auftreten, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Psychopathen ausgegangen werden. Professionelle Beratung ist bei der Erkennung unerlässlich.

Besonders schwierig ist zudem, dass hochintelligente Psychopathen in der Lage sind professionelle Psychologen durch Lügen und Manipulation zu täuschen. Ein Lügendetektor-Test ist aufgrund ihrer ausgeprägten Fähigkeit zur Täuschung ebenfalls wenig vielversprechend. Endgültige Gewissheit verschafft daher nur die Messung der Gehirnströme mittels Elektroenzephalogramm (EEG), denn bei Psychopathen sind die Gehirnregionen, die Mitgefühl, Schuld oder Scham verarbeiten inaktiv.

Sollte sich der Verdacht des Unternehmens bestätigen, dass es einen Psychopathen in den eigenen Reihen hat, ist schnelles Handeln gefragt, bevor er noch mehr Schaden anrichten kann. Doch dabei sollte das Unternehmen äußerst vorsichtig vorgehen. Keinesfalls sollte der Psychopath in die Ecke gedrängt werden, da er dann äußerst impulsiv und zerstörerisch reagieren könnte. Aufgrund seiner fehlenden Angst vor Konsequenzen könnten er das Unternehmen in einem letzten Akt der Verzweiflung in den Abgrund reißen.

Vielmehr sollte eine breite Front an Unterstützern versammelt werden (Rechtsabteilung, Management, Personalabteilung, Familienangehörige), die das weitere Vorgehen unter sich absprechen. Psychopathen haben Angst davor, als die menschlichen Raubtiere enttarnt zu werden, die sie sind. Die Androhung dieser Enttarnung kann zum Rückzug des Psychopathen führen, der sich dann lieber ein einfaches Opfer sucht.