Brexit stürzt britische Immobilienfonds in Liquiditätskrise

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Nach dem Brexit sind Anleger und Investoren in Großbritannien verunsichert und ziehen ihr Kapital von der Insel ab. Davon betroffen sind auch die britischen Vermögensverwalter. Die drei größten Immobilienfonds des Landes haben nun alle Auszahlungen gestoppt. Damit kommen Anleger nicht mehr an ihr Geld.

Der Brexit verunsichert die Anleger und löst eine Kapitalflucht aus Immobilienfonds aus. Nun haben Vermögensverwalter reagiert und alle Auszahlungen gestoppt. (Bild „<a href="https://www.flickr.com/photos/davidedamico/15653242682/in/photolist-pRdXGw-sufjfy-dMitnn-ghnXDv-fzjXvj-qAP21m-7g76u3-5uhtV7-7ARLSH-iuY8EX-dFPFgs-mGMZZk-nyAMrG-aiNobw-ghc72X-dUUFNs-8EBbqU-pW5m3M-qyMftm-egmRk6-rjBjyx-q6ZWi8-r4C4jb-pwGxm7-koRaxt-9qVbwQ-jEmKUg-qGYeYZ-dU3F3a-pybwtQ-bpCUzK-arLivG-bxB4ft-61MESZ-fCZq6M-91mFSY-sc4ywJ-aszS8P-kgg7q7-5g5cD4-kDx3zi-bn8P28-otkhnz-q6Qbzy-g7RPWk-oEvMQr-ahJ9Gq-ahkhV6-muuW4k-dPT4Px" target="_blank">Canary Wharf</a>“ von „<a href="https://www.flickr.com/photos/davidedamico/" target="_blank">Davide D’Amico</a>“ via flickr.com. Lizenz: <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/" target="_blank">Creative Commons 2.0</a>)
Der Brexit verunsichert die Anleger und löst eine Kapitalflucht aus Immobilienfonds aus. Nun haben Vermögensverwalter reagiert und alle Auszahlungen gestoppt. (Bild „Canary Wharf“ von „Davide D’Amico“ via flickr.com. Lizenz: Creative Commons 2.0)

Seit dem sich die Briten in einem Referendum für einen Austritt aus der EU entschieden haben, bleibt in der Finanzwelt kein Stein auf dem anderen. Die Aktienmärkte geraten weltweit unter Druck und die britische Währung notiert derzeit so tief wie seit 1985 nicht mehr. Nun stoppen auch noch große Immobilienfonds alle Auszahlungen an ihre Anleger. Sie wollen so der anhaltenden Kapitalflucht entgegen treten.

Große Immobilienfonds stoppen alle Auszahlungen

Den Anfang machte die Investmentgesellschaft Standard Life Investments, die den Handel mit Anleihen an dem 3,4 Milliarden schweren Immobilienfonds „Standard Life UK Real Estate Fund“ einstellte, wie der britische Guardian berichtet. Als Grund gab Standard Life an, dass seit der Verkauf der Anteilsscheine seit dem Brexit-Votum in die Höhe geschnellt ist. Nur einen Tag später folgten dann die Vermögensverwalter Aviva Investors und M&G Investments, die ihre Immobilienfonds ebenfalls schlossen.

M&G Investments betreibt einen Immobilienfonds mit einem Volumen von 5,1 Milliarden Euro, der Aviva-Fonds umfasst immerhin 2,1 Milliarden Euro. Aviva gab als Grund der Schließung an, dass die Bargeldbestände aufgrund der „außergewöhnlichen Marktumstände“ stark geschrumpft seien. Die drei Immobilienfonds machen mehr ein Viertel des Gesamtvolumen aller britischen Immobilienfonds aus. Etwa sieben Prozent aller Investments in Gewerbeimmobilen (40,7 Milliarden Euro) wurden über Immobilienfonds investiert.

„Die Dominosteine beginnen zu fallen“, zitiert Bloomberg Laith Khalaf, Analyst bei der Investmentfirma Hargreaves Landsdown. „Das Problem, mit dem sich diese Fonds konfrontiert sehen, ist, dass es Zeit braucht, um Gewerbeimmobilien zu verkaufen und den Abbuchungen so zu begegnen. Die Bargeld-Reserven, die von den Managern aufgebaut wurden, wurden bereits von abziehenden Investoren aufgebraucht. Die Gefahr ist, dass dies erst der Anfang ist und wir mehr Immobilienfonds mit ähnlichen Reaktionen in den kommenden Wochen und Monaten sehen werden.“

Die Finanzmärkte in Großbritannien reagierten geschockt auf den Auszahlungsstopp der großen Immobilienfonds. Am britischen FTSE 350 Real Estate Investment Trust Index lösten sich seit dem Handelsbeginn am Montag rund 3,5 Milliarden Euro Marktkapitalisierung in Luft auf. Die Aktien des größten Immobilienfonds Land Securities Group Plc. sind seitdem um mehr als 9 Prozent gefallen. Ebenfalls kalt erwischt wurden die Vermögensverwalter, angeführt von einem 5-Prozent-Rückgang der Aktie des Anlageverwalters Schroders Plc.

Brexit drückt britische Immobilienpreise nach unten

In den vergangenen Jahren haben unzählige Investoren aus der ganzen Welt ihr Kapital in britische Immobilienfonds gesteckt, in der Erwartung von den steigenden Immobilienpreisen in Großbritannien zu profitieren. Seit 2009 sind die Preise um 40 Prozent gestiegen. Doch die Befürchtung, dass der Markt seinen Zenit schon vor dem EU-Referendum erreicht haben könnte und die negativen Auswirkungen, die der Brexit möglicherweise auf die Immobilienpreise haben könnte, führten zur Kapitalflucht der Anleger.

Im Vorfeld der Abstimmung hatten einige Marktteilnehmer vor einem Verfall der Immobilienpreise in Großbritannien gewarnt, sollte das Land die EU verlassen. Einem Bloomberg-Bericht zufolge könnte die Preise für Büroräume in London in den nächsten drei Jahren um bis zu 20 Prozent fallen. Bereits kurz nach dem Referendum wurden reihenweise Immobiliendeals storniert. Insgesamt kühlt sich der Markt merklich ab. So gaben Investoren von Januar bis Mai diesen Jahres nur 19,7 Milliarden Euro für Gewerbeimmobilien aus, während es im Vorjahreszeitraum noch 38,4 Milliarden Euro waren.

Britische Notenbank kündigt Markteingriffe an

Finanzminister George Osborne hielt daraufhin ein Krisentreffen mit den führenden Managern der großen Banken und Vermögensverwalter. Diese sicherten zu, eine drohende Finanzkrise durch gelockerte Kreditvergabe verhindern zu wollen. Die Bank of England (BoE) bereitete dafür mit einer Lockerung der Kreditvergabe-Richtlinien für Banken den Weg. BoE-Chef Mark Carney warnte am Dienstag vor den gravierenden Folgen für die Finanzstabilität des Landes und sicherte zu, mit Geldspritzen für funktionierende Märkte zu sorgen. „Im Notfall können wir ausreichend Liquidität zur Verfügung stellen“, so Carney. „Das Vereinigte Königreich ist in einer Phase der Unsicherheit und bedeutender konjunktureller Anpassungen.“

Durch die Lockerung der Kapitalregeln für Banken versucht die BoE eine Verknappung des Kreditangebots zu verhindern. So müssen Banken nun bis mindestens Juni 2017 keine Kapitalpuffer für Krisen beiseitelegen. Die Banken dürften den neugewonnen Spielraum jedoch nicht für eine Erhöhung der Dividenden missbrauchen, betonte Carney. Vielmehr solle die Kreditvergabe an Firmen und Haushalte angekurbelt werden. Außerdem stellte Carney den Finanzmärkten geldpolitische Anreize in Aussicht. So wäre etwa eine Senkung des Leitzinses auf 0,0 Prozent denkbar.

Die großen Investmentbanken bereiten sich indes darauf vor, Großbritannien zu verlassen. Es wäre ein herber Schlag für London, das bis dato als wichtigster Finanzplatz Europas galt. Von der Entwicklung könnten ausgerechnet der Sitz der Deutschen Börse in Frankfurt profitieren. Bis vor kurzem ging in der Metropole am Main noch die Angst um, bei einer möglichen Fusion mit der Londoner Börse an Bedeutung als Finanzplatz zu verlieren. Doch nach dem Brexit könnte die Vorzeichen umgedreht werden.

4 KOMMENTARE

  1. Wenn man es rechtlich betrachtet, gehören Investmentfonds zum Sondervermögen, das vom restlichen Vermögen getrennt werden muß. Zwischen Anleger und Fondsgesellschaft besteht in diesem Fall ein Treuhandverhältnis. Das Sondervermögen haftet nicht für die Kapitalanlagegesellschaft. Die Rückzahlung des Kapitals, das in die Fondsanteile investiert wurde, müsste zum aktuellen Anteilswert an die Anleger in wenigen Tagen möglich sein. Vorausgesetzt, es handelt sich um offene Fonds. Allerdings ist das das österreichische nvestmentrecht. Ob es sich in Großbritannien rechtlich auch so verhält, kann ich im Moment nicht sagen, aber vielleicht weiss hier jemand Bescheid!?

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  2. Die Konzerne profitieren vom Brexit und die Populisten machen sich aus dem Staub Richtung Privatwirtschaft! Lasst euch nicht von Hetzern in die Irre führen!

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